Eine Pulverexplosion als Point of divergence

Begreiflicher Weise löste das Erscheinen des feindlichen Heeres vor den Stadtmauern bei den Wienern Panik aus. Überraschung war es keine und die in vielen Sachbüchern vertretene Meinung, Wien wäre auf die Belagerung nur unzureichend vorbereitet gewesen, ist schlichtweg falsch. Die Wiener Garnison war vorzüglich gerüstet und auf den Feind eingestellt. Dementsprechend gelassen sitzt Kommandant Starhemberg mit Offizieren am frühen Nachmittag des 14. Juli bei Tisch, als die Meldung herein kommt, dass es in der Schottenabtei brennt. Alle sind sofort alarmiert, weil sich in unmittelbarer Nähe das kaiserliche Zeughaus befindet. Starhemberg will selbst nach dem Rechten sehen, es gehen aber aus Rücksicht auf seine Seniorität zwei andere los. Einer davon ist sein jüngerer Vetter Hauptmann Guido Starhemberg.

Der damals in Wien weilende Advokat Christian Wilhelm Huhn beschrieb den Vorfall:

`Ein unter Weibeskleidern versteckter, und zweifelsohne von dem Feind hierzu erkaufter junger Mensch hatte sich in die Abtey zun Schotten genannt (geschlichen), und daselbst in den Ställen Feuer gelegt, daß dadurch (beinahe) das ganze mit Pulver und anderem Vorrath angefüllte Zeug- und Provianthaus sammt einem Viertl der Stadt in die Luft geflogen (wäre) und dem Feind vielleicht einen Weg …… in die Stadt geöffnet hätte. dass zum Glück der Wind eilends drehte und statt des Zeughauses drei Paläste auf der anderen Seite des Platzes abbrannten.

(Christian Wilhelm Huhn, Nichts Neues und nichts Altes oder umbständliche
Beschreibung, was Anno 1683 vor, bey und in der türkischen  Belagerung Wien ….. vorgelauffen)

Dieser Jüngling in Frauenkleidern – ein Transvestit? – wurde vom Wiener Mob in der selben Stunde als Brandstifter gelyncht. In den Chroniken anderer Autoren wird seine Täterschaft allerdings bezweifelt und ob der Brand nun tatsächlich gelegt oder durch Unachtsamkeit ausgebrochen ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Jedenfalls blieb er, obwohl für viel Konfusion und Schrecken sorgend, ohne militärische Folgen, weil Zephyros, der freundliche Gott des Westwindes, den armen Wienern in letzter Minute zu Hilfe kam.